Wird das Bargeld abgeschafft?

Im letzten Jahr schlug der bekannte amerikanische Ökonom Kenneth Rogoff die Abschaffung des Bargeldes vor und pries die Vorteile einer bargeldlosen Wirtschaft an. Bargeld, so Rogoff, würde die Kriminalität begünstigen. Jetzt beschäftigen sich der Datenschutzbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz und Verbraucherschützer mit diesem Thema; ich darf dazu den Eingangsvortrag halten. Mitdiskutieren wird u.a. Eveline Lemke, stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Ministerin für Wirtschaft. Auch Sie sind dazu eingeladen.




Ohne Bargeld könne man Kriminalität wesentlich besser bekämpfen. Auch Negativzinsen könnten besser durchgesetzt werden. „Papiergeld ist das entscheidende Hindernis, die Zinsen weiter zu senken“, so der bekannte Krisenökonom Rogoff. Was aber wären die Folgen, wenn zukünftig jede Geldtransaktion Datenspuren hinterlässt und damit ein anonymes Bezahlen nicht mehr möglich ist? In einem Beitrag für die NZZ mahnt die Unternehmerin Betty Zucker eindrücklich: „Bei einem 100 Prozent digitalen Zahlungssystem kann der Bürger zu 100 Prozent unter Kontrolle gebracht werden. Ganz einfach: Man zieht ihm einfach den Stecker raus. Der Einzelne wird dann sofort in der Gesellschaft zahlungs- und praktisch handlungsunfähig. Anders ausgedrückt: Wer über das digitale Geld bestimmt, ist der absolute Herrscher.“

In Skandinavien nur noch wenig Bargeld

In Skandinavien, wo die Überwachung der Bürger in Orwell`schen Dimensionen zur sozialdemokratischen Identität zählt, ist der bargeldlose Zahlungsverkehr weitaus verbreiteter als in Deutschland. Das Gründungsmitglied der Gruppe ABBA, Björn Ulaveus, rief nach einem Selbstversuch ohne Bargeld die Schweden dazu auf, ebenfalls auf Bargeld zu verzichten. Pikantes Detail – das ABBA-Museum in Stockholm akzeptiert nur noch Kartenzahlungen. Und der Hauptsponsor des ABBA-Museums heisst Mastercard. Was so als schöne neue bequeme Welt ohne Kriminalität daherkommt, erweist sich bei näherem Hinsehen als Schreckensvision der totalen Überwachung. Ohne Bargeld sind wir restlos manipulierbar und steuerbar. Stellen Sie sich vor, Sie hätten sich politisch unbeliebt gemacht: kein Problem, Ihr Konto wird gesperrt. Oder man sperrt Ihnen nur einige wenige Ausgaben. Alkoholikern könnte man an der Kasse einfach den Kauf von Alkohol verbieten. Das klingt gut, aber genauso könnten Sie jedem anderen an jeder Stelle den Kauf jeder beliebigen Ware verbieten. Die bargeldlose Welt macht es auch viel einfacher, Steuern und Zwangsabgaben zu erheben. Die Bürger können sich dann gar nicht mehr gegen die Selbstbedienung der Politikerkaste wehren. Eine neue Steuer wird eingeführt und im selben Moment auch schon einkassiert. Wir alle wären kontrollierbar. Was immer wir tun, was immer wir kaufen, wo immer abgebucht wird – es ist dann nachvollziehbar. Keine Spende im Klingelbeutel, kein Schwarzgeld, kein Trinkgeld bliebe unentdeckt; jeder Kauf wäre kontrolliert, ein fünftes von der Krankenkasse nicht erlaubtes Bier? Trinken Sie es auf Ihr Wohl, aber ihr Kassenbeitrag steigt, weil sie sich nicht gesundheitskonform verhalten. Von peinlicheren Dingen, die Sie heimlich kaufen, gar nicht zu sprechen. Alles wird transparent. Der gläserne Bürger? Hach, was wird da immer über Google oder Facebook gejammert – aber das wären datenvirtuelle Peantus gegen diese eine, diese ganz große Lösung. Endlich die totale Kontrolle über die Menschen. Es gäbe kein Entkommen. Gold? Hinterlässt ebenso Bezahlspuren wie Diamanten. Nichts wäre mehr irgendwie nicht-öffentlich, schieb beispielsweise hier Prof. Dr. Max Otte.

Aber die Vorteile für Staat und Staatsbank gehen noch weiter. Damit wäre auch die Einführung einer Euro-Zinssteuer möglich.

Einführung einer Euro-Zinssteuer

Denn Sparen ist des Teufels, wird ja bestraft, deshalb die Null-Zins-Politik, die schrittweise zu einer Negativ-Zins-Politik werden könnte. Dann schrumpft die Rente, noch während wir dafür sparen. Eigenvorsorge lohnt sich dann nicht mehr. Endlich hätten sie uns da, wo sie uns wollen: Als Stallhasen, die angewiesen darauf sind, dass ihnen der Rentenbeamte der Staatsversorgungskasse eine Kleinigkeit auszahlt. Was heisst auszahlt? Überweist. Bar gibt es nicht mehr, als Grundvoraussetzung. Denn mit Bargeld klappt die Euro-Steuer nicht.

Dabei sollte man unterscheiden – was versteht man unter Bargeld? Im engeren Sinne sind es Münzen und Scheine. Sie sind den Überwachungsbehörden deswegen suspekt, weil sie sich der Kontrolle entziehen. Scheine sind aber auch eine Art Fluchtwährung: Sollen die Negativzinsen auf Spar- und Girokonten erhoben werden, (die mit dem Bargeld die sogenannte liquditätsnahe Geldmenge M1 im Fachjargon bilden) ist zu befürchten, dass die Bürger ihr EZB-Schwundgeld abheben und das Geld bar verwahren. Also setzt die Ausweitung der Negativzinsen voraus, dass echtes Bargeld verboten wird; nur so kann die Zinsmanipulation der EZB gelingen und die Euro-Steuer in Form von Negativzinsen erfolgreich erhoben werden. Im Ergebnis sind die Negativ-Zinsen eine Euro-Zinssteuer auf Geldvermögen: Damit werden die Bürger zur Kasse gebeten, um die Währung zu retten. Vor zwei Jahren hielt man Null-Zinsen für geradezu undenkbar. Erste Überlegungen über “Negativ-Zinsen” schienen ebenso hirnrissig wie unpraktikabel. Nun haben wir sie.




Was zunächst wie eine Zukunftsvision klingt, zeichnet sich in unserem Alltag längst ab. Handwerkerrechnungen können nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie per Überweisung beglichen wurden. Im öffentlichen Nahverkehr einzelner Großstädte erhält einen Rabatt, wer auf Bargeld verzichtet, und in einer zunehmend digitalisierten Welt erfreuen sich Mobile- Payment-Verfahren immer größerer Beliebtheit. Mittlerweile wird die Abschaffung des Bargelds ernsthaft erwogen; nicht nur beim IWF, dem Internationalen Währungsfonds, manchen Zentralbanken und in Schweden von Handelsorganisationen und Polizei.

Das alles sollte Anlass sein, sich mit der drohenden Abschaffung des Bargelds zu beschäftigen.

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. laden dazu zu einer Veranstaltung unter dem Titel:

Bargeld in der digitalen Gesellschaft – Anachronismus oder gedruckte Freiheit? Eine Veranstaltung im Rahmen von #watch22 / AUSSTELLUNG / DATENSCHUTZ / KUNST / KULTUR / Donnerstag, 21. Mai 2015, 18.00 Uhr Bonifaziusturm A (22. Stock) Hintere Bleiche 34 55116 Mainz

 

Unter der Moderation von Dr. Stefan Brink, (Ministerialrat beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz) sprechen Eveline Lemke, stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Ministerin für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung; Hans-Bernhard Beykirch (er verantwortet als Head of Client Cluster das Geschäft mit Landesbanken, Sparkassen und Händlerbanken für Visa Europe ) und Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv)

Hier können sich unsere Leser anmelden; ich selbst werde den Eingangsvortrag halten.

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