Mindestlohn: Massive Arbeitslosigkeit

Kollege Bestellautomat: Minijob-Killer bei McDonalds

Der Mindestlohn ist ein Arbeitsplatzkiller, ermittelte jetzt das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Hunderttausende Stellen seien bereits vernichtet worden. Einer der Hautpgründe: Wer einen Minijob vergibt, macht sich schnell strafbar – auch ohne böse Absicht. Und: Es trifft besonders Menschen in prekären Situationen, Schüler, Studenten, Rentner, Mitverdienet, Berufseinsteiger. Der Mindestlohn werde Hunderttausende von Arbeitsplätzen kosten, hatten Wirtschaftsweise und Forschungsinstitute die schwarz-rote Regierung gewarnt. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte Jobverluste stets bestritten, der Effekt des Mindestlohns werde „beschäftigungsneutral“ sein. Die weiter sinkenden Arbeitslosenzahlen in den ersten Monaten des Jahres schienen der Ministerin recht zu geben. Jetzt zeigt sich: Es liegt an der Statistik, die diese Arbeitslosigkeit gar nicht erst erfasst.




Schon 160.000 Jobs weg

In einer ersten Zwischenbilanz der gesetzlichen Lohnuntergrenze von 8,50 Euro je Stunde widerspricht jetzt das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel: Der Mindestlohn habe bereits in den ersten drei Monaten Arbeitsplätze gekostet. So sei die Zahl der Minijobs seit Jahresbeginn regelrecht eingebrochen. Im März waren es 160.000 weniger als im Vorjahresmonat. Zugleich hat der Beschäftigungsaufbau seit Jahresbeginn deutlich an Tempo verloren: In den sechs Monaten vor Einführung des Mindestlohns lag die Zahl der Erwerbstätigen um 370.000 über der des Vorjahres. Nach Einführung des Mindestlohns fiel die Differenz von Monat zu Monat geringer aus und betrug im April nur noch 210.000.

Für die Arbeitsmarktforscher aus Kiel deuten diese Daten auf erste Beschäftigungsverluste durch den Mindestlohn hin. Der Rückgang der Minijobs sei der stärkste seit 15 Jahren. Dieser gehe unmittelbar auf den Mindestlohn zurück, denn mit anderen rechtlichen Änderungen lasse sich der Rückgang der seit Jahren konstanten Zahl an Minijobbern nicht erklären.

Für einen negativen Effekt des Mindestlohns spreche auch die Tatsache, dass der Rückgang der Minijobber in Ostdeutschland mit sieben Prozent mehr als doppelt so stark war wie im Westen mit knapp drei Prozent. Denn im Osten war vor Einführung des Mindestlohns der Anteil der Arbeitnehmer mit einem Stundenlohn von unter 8,50 Euro auch deutlich höher als im Westen. Damit zeigt sich: Der Mindestlohn schadet vor allem Kleinverdienern in strukturschwachen Gebieten – den Ärmsten der Armen. Der sozialpolitische Erfolg wird zur unsozialen Wirklichkeit, wie sich schon nach den ersten 100 Tagen abzeichnete.

Jetzt rächt sich die Kriminalisierung von Arbeitgebern

Warum die Mini-Jobs verschwinden, hat nicht nur etwas mit der Lohnhöhe zu tun. Es geht vielmehr auch um Bürokratie und Kontrolle: Denn wer einen Mini-Jobber beauftragt, steht gewissermaßen schon mit einem Fuß im Gefängnis. Wenn die geplante Arbeit von einem durchschnittlichen Arbeitnehmer nicht in der unterstellten Zeit erledigt werden kann, sinkt ja der Stundenlohn auf unter 8,50 – und der Arbeitgeber macht sich damit strafbar. Entscheidend ist dabei nicht, wie lange der Austräger tatsächlich braucht – es geht um einen Normwert. Nachzahlungen für den zu niedrigen Lohn, aber auch bis zu 250.000 € Strafe drohen.

Ein Beispiel: Ein Minijobber erhält 50 € für das Austragen von Prospekten, wofür 5 Stunden veranschlagt werden. Wenn wegen der Entfernung aber normalerweise 6 Stunden als Aufwand veranschlagt werden, oder der Austräger besonders bummelt und längere Laufzeit nachweist, sinkt der Mindestlohn unter 8,50 – und die Strafbarkeit ist gegeben. Dies ist kein konstruiertes Beispiel – praktisch für alle Zeitungsausträger werden jetzt die Routen per Schrittzähler vermessen, um dieses Risiko auszuschließen.

Diese monströse Bürokratie macht Minijobs unattraktiv. Das erhöhte Mini-Job-Risiko gilt auch, wenn beispielsweise wegen des Kalenders ein Arbeitstag zusätzlich im Monat anfällt – schwupps, schon ist der Arbeitgeber kriminell. Nahles hat – übrigens mit Zustimmung der CDU und CSU- diese Kriminalisierungsmöglickeit in das Gesetz eingebaut. Bisher hatte selbstverständlich jede Arbeitnehmer das Recht, zu niedrige Löhne oder Lohneinbehaltung einzufordern und notfalls einzuklagen. Die Unternehmer jedoch prinzipiell bei Lohnstreitereien als Kriminelle zu brandmarken und bei Verdacht Überfallkommandos des Zolls zu schicken ist eine Erfindung der großen Koalition. Nahles wiederum legt Wert darauf, dass Streitfälle nicht einvernehmlich gelöst werden – sie besteht auf die demonstrative Zur-Schau-Stellung mit dem Zoll, um Arbeitgeber einzuschüchtern und von vornherein in die Nähe von Schwarzarbeit zu bringen. Jetzt werden massiv Mini-Jobs abgebaut oder automatisiert. Ob in der Landwirtschaft überhaupt noch geerntet werden kann, zeigt sich erst nach der Saison. Denn die strikte Zeitbegrenzung der täglichen Arbeitszeit macht diese Jobs trotz formaler Erhöhung des Stundenlohns etwa für Erntehelfer aus Osteuropa unattraktiv: Die klotzten bisher einige Wochen ran, um möglichst viel in kurzer Zeit zu verdienen. Auch das wird jetzt von der neuen GroKo-Bürokratie verhindert – zu Lasten der Arbeitnehmer: Darauf hatten wir schon im Oktober und Dezember hingewiesen. 

Der Statistik-Trick der Arbeitsministerin

Die Kieler Experten konnten auch keinen Beleg dafür finden, dass Minijobs in sozialversicherungspflichtige Stellen umgewandelt oder über freie Mitarbeit, zum Beispiel über Werkverträge, fortgeführt worden sind. „Wir gehen daher davon aus, dass der Wegfall von Minijobs überwiegend gleichbedeutend ist mit einem Wegfall von Arbeitsplätzen“, sagte Dominik Groll vom IfW.

So sei die Zahl der Selbstständigen im ersten Quartal schneller zurückgegangen als in der Zeit davor. Auch die Summe aus sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und Minijobbern sei in den ersten drei Monaten spürbar schwächer gewachsen als zuvor. „Ob Minijobs in schwarz geführte Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt wurden, lässt sich auf Basis der zur Verfügung stehenden Statistiken naturgemäß nicht beobachten“, so Groll weiter. Nahles kann sich darüber freuen, dass ein Großteil der Minijobber in der Arbeitslosenstatistik nicht auftaucht. Schließlich ging die Arbeitslosigkeit in den ersten fünf Monaten des Jahres mit unvermindertem Tempo weiter zurück. Auch dafür haben die Kieler Forscher eine Erklärung: Ein Großteil der Minijobber tauche bei einem Arbeitsplatzverlust in der Arbeitslosenstatistik nicht auf.

Rund die Hälfte von ihnen sind Rentner, Studenten oder ohnehin schon arbeitslos gemeldete Aufstocker. Die andere Hälfte könne sich zwar sehr wohl arbeitslos melden, allerdings fehle oft der finanzielle Anreiz, dies zu tun, da kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehe. Auch Hartz IV könnten die arbeitslosen Minijobber oft nicht beantragen, da ein Drittel der Minijobber in einem Haushalt lebt, in dem der Partner oder ein anderes Familienmitglied ausreichend verdient.




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