Merkel oder die große Umwälzung

Wie hat sich Deutschland seit der faktischen Selbstabdankung der Regierung Merkel im Amt und der darauf folgenden Massenzuwanderung geändert? Wie kam es dazu und wie geht es weiter? Wie verändert sich Deutschland?

© Christopher Furlong/Getty Images

Das verspielte Vertrauen

So verspielt man Vertrauen; neue Medien treten an Stelle der alten. Selbst der Salonlinke Jakob Augstein spricht davon, dass sich Journalisten mit den Eliten gegen die Leser verbündet hätten. Und Angela Merkel? Sie hat nur noch den Wunsch, sich selbst aus der Schusslinie zu bringen und den Besoffenen in den Medien gefallen zu wollen. Deutschland wird so zum Narrenschiff Europas: Seit Frühsommer war klar, dass die anderen Mitgliedstaaten der EU dem deutschen Kurs einer Grenzöffnung nicht folgen würden. Trotzdem hielt die Bundesregierung an der immer wieder beschworenen Hoffnung fest, dass es zu einer Entlastung Deutschlands durch eine europaweite Verteilung der Flüchtlinge genannten Einwanderer kommen werde – nichts davon ist wahr, das Narrenschiff schlingert allein durch die rauen Wogen. Vielmehr führt dieser Kurs zu einer Spaltung Europas: Deutschland ist isoliert. Aber natürlich sind die anderen die Europafeinde, die falschen Wörter überschlagen sich.

Dass in Großbritannien eine Mehrheit für den Ausstieg aus der EU gestimmt hat, ist neben allem anderen auch eine Folge der Kontrollaufgabe und des Kontrollverlusts der Regierung Merkel: Großbritannien ist eines der einwanderungsfreundlichsten Länder schlechthin – aber legt doch Wert auf Kontrolle. Hier zeigt sich erneut die Folge des manipulativen Vermischens von Kontrolle/Ablehnung in Deutschland: Großbritannien ist nicht ablehnend – aber will kontrollieren. Die Krise in Deutschland wird damit zu einer europäischen. Deutschland wurde endgültig zum Hegemon, der Europa mit seinen Alleingängen quält. Der Brexit war erst der Anfang; in den kommenden Monaten werden in Ungarn Referenden abgehalten, europaweit werden in vielen Wahlen europakritische Gruppen gewinnen. Deutschland hat das mühsam aufgebaute Vertrauen zu Deutschland in Europa zerstört, weil es seine fragwürdige „Flüchtlingspolitik“ anderen Ländern aufzwingen wollte, die andere Wege gehen wollen. Das Wort vom deutschen Sonderweg geht wieder um.

Nach dem falschen Wort – die Augen fest geschlossen

Eigentlich konnte man das klar sehen. Ironisch hat der Karikaturist Zeller die Selbsttäuschung in ein Bild gefaßt: „Man muss Zeitung hauptsächlich kaufen, damit man sagen kann, man habe nichts gewußt.“

http://www.zellerzeitung.de

Die Augen wurden geschlossen, um die Wahrheit nicht sehen zu müssen. Mittlerweile führt die Rückverfolgung der Attentäter von Paris und Brüssel in deutsche Flüchtlingslager. Alles Verschweigen und Relativieren führt nicht zur Beruhigung, sondern bringt ganz im Gegenteil die Zuwanderer insgesamt in Verdacht. Mit der Einwanderungswelle kamen
„tausende hochgefährliche Salafisten und andere religiöse Eiferer, die nicht kontrolliert wurden, deren Identität verschleiert ist“. Es sind Zuwanderer, die die Sicherheitsbehörden „nicht sehen und beobachten, nicht abhören oder überwachen können, und von denen wir vor allem nicht wissen, wann und wo sie mit fürchterlichen Terroranschlägen in Erscheinung treten werden. Und jetzt sind hunderttausende Menschen ins Land gekommen, von denen wir nicht wissen, wer sie sind. Woher sie kommen. Mit welcher Absicht sie hier sind. Ob sie hierbleiben oder weiterziehen wollen. Bei etlichen ist nicht einmal klar, wo sie sich aufhalten. Vielleicht sind es eine Million, vielleicht anderthalb. Wer genau weiß das? Kontrolle bei der Einreise? Tut uns leid, das ging jetzt gerade nicht. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge? Vielleicht Hunderte, vielleicht Tausende, wir wissen es nicht. Wo sie geblieben sind? Keine Ahnung. Sind sie registriert? Ja, bald, irgendwie. Wie werden sie integriert? Schauen wir mal. Nur, wer soll das machen?“ Das schreibt Rainer Wendt, immerhin Vorsitzender der Polizeigewerkschaft.  Damit zerstört Wendt die idealisierte Behauptung, die Kriminalität habe durch die Merkel-Flüchtlinge nicht zugenommen. Tatsache ist, dass die Herkunft von Tätern seit 2009 nicht mehr eigens erfasst wird.

Man presst die Augen fest zu und sieht nichts – und behauptet dann, das Nicht-Gesehene gäbe es überhaupt nicht. (Den entsprechenden Runderlass finden Sie hier.) Um die eigene Position der vermeintlichen moralischen Überlegenheit durchzusetzen, wird die Keule des Rechtsradikalismus, der Fremdenfeindlichkeit und sonstiger modischer  Ismen (Sexismus, Rassismus) eingesetzt, immer weitere Teile einer unruhigen Bevölkerung moralisch, politisch und rechtlich diskriminiert. Das falsche Wort wird zu Waffe gegen Andersdenkende.

A migrant from Syria holds a picture of German Chancellor Angela Merkel as he and approximately 800 others arrive from Hungary at Munich Hauptbahnhof main railway station on September 5, 2015 in Munich, Germany. Thousands of migrants are traveling to Germany following an arduous ordeal in Hungary that resulted in thousands walking on foot and then being bussed by Hungarian authorities from Budapest to the Austrian-Hungarian border.

A migrant from Syria holds a picture of German Chancellor Angela Merkel as he and approximately 800 others arrive from Hungary at Munich Hauptbahnhof main railway station on September 5, 2015 in Munich, Germany. Thousands of migrants are traveling to Germany following an arduous ordeal in Hungary that resulted in thousands walking on foot and then being bussed by Hungarian authorities from Budapest to the Austrian-Hungarian border. (© Sean Gallup/Getty Images)

Kein Wohlstand für Alle

Nach und nach fallen Phantasien des späten Sommers und Herbstes 2015 in sich zusammen: Mittlerweile ist unbestritten, was im besoffenen Jahr bestritten wurde – dass mindestens 70 Prozent der Merkel-Flüchtlinge junge Männer sind – was für ein Heldenmut, Frauen und Kinder im Bombenhagel zurückzulassen und sich selbst in Sicherheit zu bringen – oder sind viele – die meisten? –  gar keine Syrer, sondern nicht eher Burschen aus Nordafrika? Ihre Arbeitsmarktperspektiven sind düster. Diese Grafik der Bundesagentur zeigt das immer weitere Auseinanderklaffen der Zahl zu versorgender Merkel-Flüchtlinge und ihrer Arbeitsplatzchancen.

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Noch nicht berücksichtigt ist die zweite Welle der Massenmigration – der erlaubte Nachzug von Familienangehörigen. Dass oftmals verschleierte, des Lesens und Schreibens und der deutschen Sprache nicht mächtige Frauen niemals eine Chance auf einen Arbeitsplatz in Deutschland haben, ist selbstredend. Es ist, als ob die Einwohner Deutschlands, egal ob alteingesessene Einheimische oder Hinzugekommene der vielen Nachkriegsjahrzehnte, in den Dienst einer neuen Klasse, der Merkel-Flüchtlinge, genommen werden.

Während einerseits Renten und Sozialleistungen streng reglementiert werden, werden unbegleitete Jugendliche, die sich meist jünger machen, mit Sozialleistungen von rund 60.000 Euro im Jahr überschüttet. Familien erhalten Asyl-Leistungen, dazu noch Wohnung, Mobiliar, alles, was unter „Erstausstattung“ subsummiert wird und medizinische Leistungen – Einheimische, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, können davon nur träumen. Das mag kleinkrämerisch klingen – aber es zeigt: Der entgrenzte Sozialstaat beginnt leerzulaufen. Merkel und Co. und mit ihnen den Medien scheint überhaupt noch nicht kalr zu sein: Deutschland kann Sozialstaat bleiben oder Einwanderungsland werden – beides zusammen geht nicht. Ein Zuwanderer aus China schreibt es allen ins Stammbuch.

Die Gefährdung der Zivilgesellschaft

Es mögen trotzdem wunderbare Menschen sein, die kommen, großartige Ärzte darunter, zukünftige Künstler, vielleicht sogar Nobelpreisträger oder Nobelpreisträgerin. Ein Geschäft für Deutschland sind sie nicht, wie die neuen Zyniker der Migrationsindustrie weismachen wollen, die dabei auch – oder mehr – an ihre eigenen Geschäfte denken. Die Allermeisten werden in einem der neuen migrantischen Armenvierteln stecken bleiben, zwischen den Wasserpfeifen-Kaffees und den Telefonläden, die dort sind, weil die Sehnsucht groß und das Leben in der Parallelgesellschaft frustrierend ist.

Nicht nur um eine Gefährdung des Wohlstands geht es, wenn Deutschland mehrere Millionen von Merkel-Flüchtlingen und ihren Nachzug nach den Maßstäben des deutschen Sozialstaats versorgen will und große Casablancas am Rhein entstehen. Es geht auch um die schleichende Veränderung der Zivilgesellschaft. Noch im Winter 2014/15 meinte man ja, über die Phantasien der Dresdner Pegida-Bewegung lachen zu müssen, die von einer Islamisierung Deutschlands sprach. Es scheint, als ob die Recht bekämen, die auf keinen Fall recht bekommen dürfen. Im Sommer 2016 diskutiert Deutschland über ein Burka-Verbot, weil, wenn schon nicht die Vollverschleierung, aber das muslimische Kopftuch innerhalb eines Jahres zum Straßenbild gehört. Dazu schreibt Bilkay Öney, SPD, die frühere Integrationsminsiterin Baden-Württembergs in der grün-roten Landesregierung:

„Die Burka ist weniger aus sicherheitspolitischen Erwägungen heraus als Problem zu betrachten, als aus gesinnungsethischen. Denn das Burka-Verbot in Frankreich zeigt, dass damit kein einziger terroristischer Akt verhindert werden konnte. Nichtsdestotrotz ist die Gesinnung, die hinter der Burka steckt, hochproblematisch. Diese neuzeitliche Erfindung männlicher Beduinen gegen Sandstürme mag ihren Zweck in der Wüste erfüllen. Auf den Straßen Europas weckt diese Vollverhüllung nicht nur Unmut und Unbehagen, sie erschwert auch die Kommunikation und die Integration. Sie zeugt von einem Weltbild aus dem Mittelalter, und genau das bereitet vielen Menschen (auch aufgeklärten Muslimen) Sorge.“

Man spürt die Angst moderner, in Deutschland aufgewachsener Frauen davor, wieder in die muslimische Sittenstrenge gesteckt und unter dem Schleier versteckt zu werden – und dabei geht es beileibe nicht nur um Mode. Es geht um das Ende der Befreiung der Frau. Die Burka und der Schleier und das Kopftuch sind Symbole der Unterdrückung – und werden ausgerechnet von Linken hochgelobt.

Während Öney, deren Eltern aus der Türkei nach Deutschland einwanderten, sich also vor dem Zugriff des extremen Islam scheut, entdecken plötzlich Linke in Deutschland die Freiheit der Frau unter der Burka. Die in Talkshows gerne auftretende Ex-Piratin Marina Weisband schreibt:

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Und die ZEIT (34/2016) entdeckt plötzlich im Auftritt der Vollbekleideten ägyptischen Beach-Volley-Ballmannschaft im „Bedecktsein etwas Befreiendes. Im Kontrast zu den Höschen tragenden Deutschen wirkten die verhüllten weiblichen Körper wohltuend entspannend. Mit einem Mal erschien die Freizügigkeit der anderen unpassend, fast wie aus der Zeit gefallen. Mit der Schwere des Stoffes brachten die Ägypterinnen auch die Leichtigkeit des Seins“.

Man sollte sich den Text auf der Zunge zergehen lassen, Wort für Wort: Die Leichtigkeit des Seins unter Schleier und Burka, die modern ist.

„Das freiwillige Stoffgefängnis ist für Linke Freiheit“, spottet Anabel Schunke über die neue Liebe der Linken zur Unterdrückung der Frau.

Es ist eine vorauseilende Selbstaufgabe von Werten, die man für unantastbar hielt. Wenn in Frankfurter Kitas kein Schweinefleisch mehr angeboten wird, weil sich Muslime darüber erregen könnten – nur eine Kleinigkeit eingeschworener Menschen, die sich der neuen Buntheit widersetzen, einer neuen Grenzenlosigkeit – oder ist es eine perverse Grenzenlosigkeit, weil sie den hier lebenden Menschen neue Grenzen aufzwingt? Oder ist es jene freiwillige, halb durch Zuwanderung und halb durch Saudi-Geld beförderte „Unterwerfung“ unter ein islamische Regime, wie sie Houellebecq beschrieben hat?

Der Romanheld im mehr oder wenig islamisierten Frankreich „entdeckt eher erfreut, dass die Unterwerfung auch ihre angenehmen Seiten haben kann: Der zum Islam konvertierte neue Rektor der Sorbonne, Robert Rediger, genießt das süße Leben. Finanziert von den saudiarabischen Geldgebern der Islamischen Universität Sorbonne stehen Rediger nicht nur fabelhaftes Gehalt und feudale Wohnräume zur Verfügung. Neben kulinarischen Genüssen und edlem Wein genießt er auch den Luxus zweier Ehefrauen, deren Zuständigkeiten für Erotik und Haushaltsführung durch ihr jeweiliges Alter definiert werden.“

Das neue Wort heißt Selbstunterwerfung oder Selbstaufgabe.

Das wertlose Wort

Deutschland verteidigt seine Werte nicht mehr. Dazu gehört auch, dass mit massiver finanzieller Unterstützung des Bundes eine fragwürdige Stiftung unter dem Vorsitz einer langjährigen Stasi-Informantin versucht, jegliche Kritik an der Kanzlerin in den sozialen Netzen zu unterdrücken; bei Zeitungen ist so etwas ja nicht mehr nötig. Es werden neue Sicherheitsgesetze im Dutzend vorgeschlagen. Aber sie sind wieder nur Wortgirlanden, die keine Wirkung entfalten. Die neuen Vorhaben werden in der Praxis nicht durchgeführt. Zum Teil, weil durch die immer ausdehntere „Duldung“ von Zuzüglern Abschiebung nicht mehr greift; zum Teil, weil angesichts der hohen Zahl von theoretisch möglichen Abschiebungen ein Flughafen von der Größe des funktionsunfähigen BER entstehen müsste, um der Zahlen Herr zu werden. Zum großen Teil werden die Abschiebungen an Ort und Stelle von Landesregierungen, Kirchen und Ärzten und der Flüchtlingslobby hintertrieben.

Die angekündigten und versprochenen Maßnahmen dieser Regierung taugen nichts mehr. Ihre Vorhaben sind nur Beruhigungspillen mit der Halbwertzeit von Wochen.
Sie hat die große Umwälzung in Gang gesetzt, die sie nicht mehr beherrscht. Sie hat auf Kontrolle verzichtet, und beobachtet ihren eigenen Kontrollverlust.

Am Anfang stand ein falsches Wort. Am Ende steht die große Umwälzung, die Deutschland und Europa verändert.

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