Mindestlohn: Politikerinnen ohne Betriebspraktikum

Twitter Ralf Stegner

Wer gegen Bürokratie kämpft, hat keine guten Karten in der SPD: Als „Hetze“ hat gerade der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner diesen Artikel über die Mindestlohnbürokratie in BamS bezeichnet. Wir erinnern uns: Die Koalitionsrunde unter Bundeskanzlerin Merkel hat gerade beschlossen, das verunglückte Gesetz von Arbeitsministerin Andrea Nahles auf den Prüfstand zu stellen. Ist auch Angela Merkel eine Hetzern im Sinne der SPD? Hier der Beitrag:

„Ihr Berufswunsch als Abiturientin: Hausfrau oder Bundeskanzlerin. Ihr Name wurde in der SPD geflüstert, um Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat/in abzulösen: Andrea Nahles. Aber ein Tiger, der zu früh springt, landet als Bettvorleger.

Aus der erfolgreichsten Ministerin (Mindestlohngesetz, Rentenerhöhung) wird die Ministerin für Hat-nichts-zu-sagen. Chefin Angela Merkel lässt das Mindestlohngesetz überprüfen und hat ihr die Arbeitsstättenverordnung abgenommen. Die blamierte Andrea Nahles erfuhr es aus der Zeitung.

Nahles stolpert aber nicht über die 8,50 Euro. Die bleiben, weil die Konjunktur mit billigem Öl und Weich-Euro läuft und Arbeitskräfte fehlen. Nahles stolpert über ihren Kontrollwahn. Bisher gab es Lohn für einen Mini-Job: die Straße kehren, Schnee schippen.

Jetzt muss kontrolliert werden, ob das nicht doch mal zu lange dauert und damit der Mindestlohn unterschritten wird. Aber was ist, wenn mal mehr Schnee fällt? Der März mehr Tage hat als der Februar? Manche schneller gehen oder langsamer beim Prospekte austeilen?

„Vertrauensarbeitszeit“ zählt nicht mehr – Dokumentation ist Pflicht, 1600 zusätzliche Zöllner zur Kontrolle werden eingestellt. Nicht mehr Leistung zählt, sondern Anwesenheit – obwohl Nahles noch vor Kurzem über „Anwesenheitswahn“ geschimpft hat und auf Flexibilität und Heimarbeit schwor.

Jetzt wird im Home-Office die Schreibtischhöhe kontrolliert. Einer ihrer Vorgänger, Wolfgang Clement, spricht vom „kranken Kontrollwahn“, weil Zöllner Gastwirte zum Verhör abführen, ob der Tellerwäscher zu lange gebraucht hat.

Was ist mit den Studenten, die in ihren Büchern lesen, und nebenbei „Bibliotheksdienst“ machen – für weniger als 8,50 Euro?

Jetzt müssen Bibliotheken früher zusperren, denn Geld für höhere Löhne gibt es nicht von Nahles. Wenigstens Sportvereine sind jetzt für Platzwarte ausgenommen. Und polnische Lkw-Fahrer dürfen nun doch für weniger als 8,50 Euro und ohne die von Nahles geforderte sechsmonatige Anmeldung in einer Kölner Kontrollstelle durch Deutschland fahren.

So wird das Nahles-Gesetz gefleddert. Ihr Arbeitsstättengesetz (abschließbarer Spind, Heizung im Archiv) vorerst ganz gestoppt. Aber was ist mit den Kontrollen?
Handwerker toben über die neue Zettelwirtschaft – und SPD Generalsekretärin Yasmin Fahimi beschimpft sie deswegen als „Gauner oder schlichtweg zu doof“.
Stimmt das? Was ist dran am Vorwurf des Bürokratie-Monsters?

Fakt ist: Nahles und Fahimi haben nie in einem Betrieb gearbeitet; Nahles hat 20 Semester studiert, beide waren immer Profi-Politiker und Funktionäre. Sie wissen gar nicht, was sie tun, haben nie praktisch gearbeitet, kennen das Zusammenleben am Arbeitsplatz nicht.

Für sie ist jeder Unternehmer ein Feind, jeder Arbeitnehmer ein Opfer. Aber im Betrieb, beim Handwerker herrscht kein Klassenkampf – sondern Zusammenarbeit. Und Arbeitslosigkeit bekämpft man nicht, indem hinter jeden, der arbeitet, ein Kontrolleur gestellt wird. So wird man nicht Kanzlerin – sondern Bettvorlegerin.“

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Natürlich sind in dieser kurzen Fassung nur Einzelteile der Bürokratie aufgeführt. Es fehlt etwa, dass jedes Unternehmen seine Lieferanten und die Lieferanten der Lieferanten überprüfen muss, ob da auch wirklich jeder Mindestlohn gezahlt wird. Unternehmen bürgen plötzlich für entfernte Vorlieferanten. Das fördert nicht gerade die notwendige Arbeitsteilung einer modernen Wirtschaft. Lesen Sie deshalb dazu auch „Mindestlohn – Jetzt wird der Zoll von der Kette gelassen“ und  „Die Mindestlohn-Bürokratie – Wahnsinn mit Methode“ sowie den ersten Beitrag, der die bürokratischen Monstrositäten erstmals aufdeckte. Bis dahin waren nur die Höhe des Mindestlohns, nicht aber sein bürokratischer Hintergrund Thema. Der Sonntagsheld näherte sich dem Thema von der heiteren Seite, über das Haus, das Verrückte macht und die Reaktion von Frau Fahimi auf Kritik zum Mindestlohn veranschaulicht.

Erschienen auf Bild am Sonntag




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