Integration: Gefangen im „Ethnic-Interest-Cycle“

NEUE SERIE: Alles spricht von Integration - aber wie klappt das wirklich? Wie teuer ist Integration ökonomisch, sozial und kulturell, und was sind die Folgen der Nicht-Integration?

Das ist ja noch mal gut gegangen, auf dem CDU-Parteitag, für die Bundeskanzlerin. Kein Wort von „Obergrenzen“ der Zuwanderung; nur vage: der Zuzug soll „durch wirksame Maßnahmen spürbar“ verringert werden. Wirksame Maßnahmen! Das ist der CDU wichtig – unwirksame Maßnahmen sind also von ihrem Maßnahmenkatalog ausgeschlossen. Die Formulierungskunst stolpert über ihre eigenen, zu kurzen Beine: Wie ein ertappter Lügner bekräftigt sie, was sie selbst nicht glauben will.

Das Tor ist offen – Ihre CDU

Und wenigstens „vorübergehend“ sollen Grenzkontrollen dafür sorgen, dass „Straftäter, Gefährder und Schleuser“ wenigstens „identifiziert“ werden könnten. Aha. Immerhin. Da sind wir aber froh, dass auch „vorübergehend“ davor steht, überliest man zu schnell. Im übrigen wird die Türkei dafür bezahlt, dass sie die Schmutzarbeit erledigt. Früher brauchte man Türken als Müllmänner, jetzt zum Flüchtlinge fangen. Das ist ja ein Fortschritt. Und der „Klatschparteitag“, – ob das noch lange gut geht mit Caren Miosga, die das Wort prägte?- hat dazu gejubelt. Was sind wir doch für Schlaumeier, dass Erdogan für uns macht, was wir selbst wollen, aber nicht können.

Und so geht es weiter im Untätigkeitsantrag der CDU, den die FAZ bilanziert. „Das Tor nach Deutschland ist weiterhin für jeden offen“. Und die Million Flüchtlinge in diesem Jahr wird sich daher wiederholen; durch den Familiennachzug vervielfachen. Auch nicht-berechtigte Asylbewerber oder Flüchtlinge werden bleiben, weil die Abschiebung von buchstäblich Millionen Menschen wohl kaum machbar und schon gar nicht politisch gewollt ist. Was also tun?

Zauberwort Integration

Jetzt lautet die Rettungsvokabel „Integration“. Ein „Integrationspflichtgesetz“ soll kommen, setzte die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner im Leitantrag durch – schon im September hat sie per Tweet diesen Vorschlag eines „Eingliederungsvertrags“ aufgegriffen, den Hugo Müller-Vogg hier formuliert hat.

Es wäre ja sinnvoll. „Wer als Asylbewerber meint, er habe nur Rechte und keine Pflichten, sollte sich lieber ein anderes Land suchen, das ihm Schutz gewährt und ihn versorgt. Deutschland wäre dann das falsche Ziel – und er/sie ’not welcome’“, formulierte Müller-Vogg. Wie gesagt – sein Einblicks-Artikel ist jetzt angenommener Leitantrag, Integration das neue große Zauberwort. Selbst der Begriff „Leitkultur“ darf in den Mund genommen werden, ohne dass man wie einst Friedrich Merz dafür des Rassisumus, Sexismus und NationalChauvinismus bezichtigt wird.

Aber die Wirklichkeit ist eine andere. Leitanträge sind noch keine Politik – schon gar, wenn sie in ein Dokument eingebunden sind, dessen Charakter als weiße Salbe so offenkundig ist wie das der CDU: Leitanträgen sollten Taten folgen. Wer erwartet das noch?

Alles nur mit Lehrern und Lotsen?

Claudia Roth jedenfalls, die fragwürdige Bundestagsvizepräsidenten, geiferte noch am selben Abend von „Sanktionskeule“, weil so ein Integrationsvertrag auch mit Leistungskürzung für diejenigen verbunden sein soll, die kommen und kassieren, aber sich nicht integrieren wollen. Und die Bundesbeauftragte für Integration, Aydan Özoguz (SPD), hält ein gesetzlich verpflichtendes Bekenntnis zur Werteordnung des Grundgesetzes schon allein deshalb für problematisch, weil sich dieses kaum überprüfen oder kontrollieren lasse. Es helfe nichts, wenn Flüchtlinge bloß „aus Sorge, Leistungsansprüche zu verlieren“, ein solches Bekenntnis unterschrieben. In Deutschland brauche es daher keine „Meinungspolizei“, sondern genügend Integrationskurse und ordentlich bezahlte Deutschlehrer. Auch Integrations-Lotsen soll es geben, die die Wege zur nächsten Sozialleistung auf arabisch erkären können. So einfach ist das also.

Die Ethclass-Society

Dabei ist die Migrationsforschung weiter. Sie warnt vor einer „Ethclass-Society“, einer Gesellschaft, die entlang der ethnischen Gruppen tief gespalten ist – ethnische und soziale Ungleichheiten überlagern und verstärken sich. Es ist der fließende Übergang zu einem Kastensystem von Ghettos und Unterprivilegierung; das europäische Schreckensbild sind die französischen Banlieues arbeitsloser, randständiger Zuwanderer aus Afrika.

Diese Ghetto-Bildung steht Deutschland bevor. Denn noch sind die meisten der aktuellen Zuwanderer weiter in Lagern festgehalten. Aber schrittweise ziehen sie in die Metropolen. Auch der Vorgang ist historisch blegt und wiederholt sich immer wieder: Ankerpunkte sind Menschen gleicher Herkunft. So sind die vielen deutschen Städte und fast geschlossenen Siedlungsgebiete in Nord- und Südamerika entstanden und Little Italy in New York oder Chinatown in San Francisco; so wuchs das Ruhrgebiet mit polnischen und ruthenischen Einwanderern, so haben sich Berlin-Kreuzberg und Duisburg-Marxloh als türkisch-arabische Städte herausgebildet und deshalb hat Frankfurt die größte und schnellwachsende Gruppe von Menschen aus Eritrea.

Integration ist ein Prozess, der sich über drei Generationen hinzieht, wie es der „Ethnic-Interest-Cycle“ beschreibt:

Danach nimmt die erste Generation wenig Kontakt mit Einheimischen auf; sie ist sprachlich und kulturell zu weit entfernt. meist ist sie auch sozial unauffällig – verängstigt, oft dankbar für die Aufnahme, auf das eigene Überleben konzentriert. Ihre Kinder leben in einer kulturellen Zwischenwelt – in der Ghetto- und Andersartigkeitserfahrung, der Traditionswelt ihrer Herkunft und schon halb in der neuen Welt. Es ist die Konfliktlage, die Deutschland mit vielen türkischen Einwanderer-Kindern in den 90er Jahren durchgemacht hat. Klappt die Assimilation, dann schafft es erst die dritte Generation endgültig, sich vollwertig zu integrieren – oder aber sieht sich als Gruppe diskriminiert. Sie gibt dann ihre Integrations-Bemühungen auf und reagiert mit einer Rückwendung zur alten Kultur, obwohl die Brücke dahin auch längst gebrochen ist.

Es ist dies, was wir derzeit als brutale Gewalttätigkeit von Salafisten erfahren, die in Dinslaken; Paris oder Molenbeek geboren wurden und zur Schule gingen und als Gewalttäter in den Syrienkrieg ziehen oder die faktische neue Heimatgesellschaft, in der sie nie heimisch wurden, mit Bomben und Morden drangsalieren. Diesen Fällen ist eigen, dass ihre Großeltern eingewandert sind, ihre Pässe und Herkunft sie als „reinrassige“ Franzosen, Belgier oder Deutsche ausweist und sie doch nie angekommen sind.

Integration in den Selbsthass statt in den Arbeitsmarkt?

Und jetzt also wird große Hoffnung auf Integration gesetzt. Dabei ist bis jetzt nur zu beobachten, wie die neue Ethclass-Society diensteifrig von deutschen Gutmenschen errichtet wird: Kindergeldanträge auf arabisch, Busfahrpläne auf arabisch, ein arabisches Fernsehen der Deutsche Welle – es gibt keinen praktischen Anlass für Migranten, sich bemüht zu integrieren. „I need – you must“ – ich brauche was, und Du musst – das ist die Formel der bisherigen Integrationspolitik. Sie wächst aus einem Zusammenspiel, das aus eilfertigem Schuldgefühl, das Deutsche gegenüber Migranten empfinden, besteht, dessen weitere Zutaten die blinde Multi-Kulti-Ideologie der Grünen und jener Selbsthass („Deutschland, du mieses Stück Scheisse“) ist, wie er von Claudia Roth und anderen Radikalen der Antifa gegen Deutsche ausgelebt wird.

„Wie soll eigentlich eine emotionale Integration in die Deutsche Kultur gelingen, wenn erhebliche Teile der intellektuellen Schickeria bezweifeln, dass es überhaupt eine deutsche Kultur gibt, und falls es sie doch gäbe, diese eine böse dunkeldeutsche sei“, so Klaus-Jürgen Gadamer. Nun ist kaum zu erwarten, dass sich die neuen Migranten mit ihrem ausgeprägten Nationalismus und oder Stammesbewusstsein sowie Religiosität in eine Gesellschaft integrieren, die von Selbstzweifel bis Selbsthass zerrissen ist und deren Arbeitsmarkt blockiert ist.

Denn klar ist: Wer so wenig leistungsfähig ist wie die weitgehend ungebildete Mehrzahl der Migranten, wird im leistungsorientierten Arbeitsmarkt kaum Aufnahme finden. Die Industrieverbände jubeln zwar, weil sie sich aus dem Millionenheer der Einwanderer die wenigen Einsteins herausfischen wollen, die sie brauchen – und 90 % der Gesellschaft zur Vollversorgung überlassen. So werden Profite über ausgewählte, billige und willige Arbeitskräfte kassiert und Lasten der Integration sozialisiert – der Arbeitsmarkt als Integrationsmotor wie in den 60er und 70er Jahren entfällt. Damals wollte man Arbeitskräfte, und es kamen Menschen. Heute kommen Menschen, und keine Arbeitskräfte.

Damit werden wir eine weiterhin ungesteuerte, ungebremste und damit auch unumkehrbare Massenmigration in das Sozialsystem erleben; SPD und Union sind sich völlig einig im Nichts-Tun und Hoffen auf ein Wunder der Integration.

Klar ist: Dauer und Kosten der Integration werden ökonomisch, sozial und kulturell unterschätzt; sie werden nur noch von den Kosten der Nicht-Integration übertroffen.

Wir verfolgen dieses Thema daher in seiner Serie: „Integration – Fakten und Hoffnung“

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