Brüssel – Friendly Fire Religion

Wollen wir den Islam in unserem Wertesystem dulden und Menschen, die zu uns kommen, unsere Perspektive geben, dann müssen wir den hingeworfenen Fehdehandschuh aufnehmen.

Unbestätigte Augenzeugenberichte erzählen von den Attentaten in Brüssel, jemand hätte vor den Explosionen auf Arabisch gerufen.

Mittlerweile bekennt sich die Terrormiliz Islamischer Staat zu den Anschlägen.

Die Erwartbarkeit der Verursacher dieses punktuellen Grauens macht es im Zenit seines Geschehens aber nicht weniger wirkmächtig. Dieser verfluchte Islam, sagen jetzt wieder die, die keine Fantasie mehr haben, diese Form der Religionsausübung von der des braven Migranten in der Moschee irgendwo in Europa zu trennen. Hass erzeugt Hass.

Immer mehr sind es müde, immer wieder zu betonen, dass sei aber nicht der Islam. Aber welche Lesart ist angebracht? Soll man nun bei jedem neuen islamistischen Attentat in Europa behaupten, der Islam sei eben genau so: weltmachtstrebend, menschenverachtend, zerstörerisch, grausam, brutal, eben zutiefst wertefeindlich und anti-europäisch? Die Kraft zu hassen geht aus.

Es ist die Normalität des Verbrechens, die auf dem Kontinent Einzug gehalten hat. Man gewöhnt sich. Das Risiko, selbst betroffen zu sein, ist ja auch verschwindend gering. Und viele plagt noch dazu ein Schuldgefühl. Basierend auf dieser komplizierten, dieser undurchschaubaren Weltlage: Ja, die US-Amerikaner haben nach 9/11 den Nahen Osten mit Lug und Trug in ein Schlachtfeld verwandelt. Ja, Libyen, Tunesien und Ägypten sind durch auch vom Westen hochgerüstete und protegierte Regimegegner destabilisiert worden auf eine Weise, die Schaudern macht. Ja, der westliche Wohlstand muss an anderer Stelle mitbezahlt werden als nur an der Kasse beim Aldi oder BMW-Autohändler.

Für diese selbstbezichtigenden Betrachtungswinkel muss man in Europa nicht einmal Vergeltung fürchten. Eine Beschimpfung der USA, der EU-Kommission, der europäischen Regierungen ist nicht sanktionsfähig. Hingegen müssen sich unzählige Islamkritiker heutzutage verstecken, um dem Tod von der Schippe zu springen, um einer lebenslang drohenden Todes-Fatwa zu entgehen. Selbst noch in so verweltlichten islamischen Ländern wie der Türkei sind mehr Menschen dafür, die Beleidigung des Propheten empfindlich zu ahnden, als es in Sachsen-Anhalt Menschen gibt, die AfD gewählt haben – nur, um mal einen quantitativ nachvollziehbaren Vergleich zu ziehen.

Im Namen des Islam wird weltweit gebombt, gekillt, massakriert und gemordet. Wie ängstlich und wie gläubig ist Europa eigentlich, immer noch dem Gedanken nachzuhängen, das alles hätte nichts mit dem Islam zu tun? Es hat solange etwas damit zu tun, wie es in seinem Namen geschieht. Wie Moslems ihre abscheulichen Taten mit ihrem Glauben rechtfertigen. Anders geht es ja auch gar nicht. Denn dann würden diese ängstlichen, diese christlich geprägten Verteidiger des Islams im Westen eine absolute Lesart des Korans für sich beanspruchen. Was, wenn es anders wäre? Wer will das entscheiden? Feigheit in Verbindung mit Hoffnung ist kein guter Ratgeber.

Aber hat der Westen die Deutungshoheit über den Koran? Nein, der Westen gilt vielen Moslems sogar als schmutzig, entehrt, wertlos und degeneriert. Als des Teufels. Wer also unter uns ist feige genug, die Angriffe gegen die europäische Zivilgesellschaft nicht als das zu benennen, was sie nun mal sind? Eine Kriegserklärung von Gläubigen an eine gottlose Welt, die nun aber zum allergrößten Erstaunen auch ohne ihren Gott für Millionen Menschen so paradiesisch erscheint, dass immer mehr von ihnen zu uns kommen wollen, um auf lange Sicht ebenfalls gottlos zu leben. Dem Mammon zu frönen, der Völlerei, der Habgier und wie sie alle heißen, die anziehenden Sünden unseres Alltags.

Der wahrhaft gläubige Moslem muss sich doch ekeln vor dieser westlichen Gesellschaft mit all ihren Abgründen und Verführungen. Und er ekelt sich. Er sieht in dieser Genusswelt die friedlichste aller Mächte gegen sich gerichtet. Und die mit dem stärksten Glauben, dem größten Ekel, mit der höchsten Erregungskurve bomben für ihren Glauben. Für den Islam. Im Namen des Islam. Weil sie instinktiv wissen, das ihre Art zu glauben, wenn sie Privatsache wird, wie es in Europa die Verfassungen vorschreiben und die Gesellschaften säkular sind, verloren ist. Weil sie wissen, dass sich Islam und die westliche Wertegemeinschaft zutiefst widersprechen.

Das zu denken fordert uns Mut ab, den es zwingt uns einen Handlungsrahmen auf, der nicht von heute auf morgen abgearbeitet ist, der Feindschaft gebiert, der tief religiöse Menschen zu Attentätern macht. Wenn wir den Islam in unserem Wertesystem dulden wollen, wenn wir den Menschen, die zu uns kommen, eine uns genehme Perspektive geben wollen, dann müssen wir den hingeworfenen Fehdehandschuh aufnehmen. Dann müssen wir uns unserer Vorfahren erinnern, die schon einmal über Jahrhunderte hinweg die Geißel der absolutistisch-christlichen Kirchenknute nicht nur ertragen, sondern sich über Generationen unter hohen Verlusten gegen die Knechtschaft des Klerus gewandt, sie über die Aufklärung niedergerungen und an den Katzentisch der säkulären eropäischen Gesellschaft verbannt haben. Eine Gesellschaft, wie wir sie heute kennen und schätzen.

Was sind diese Religionen eigentlich für abstoßende Gesellschaftsmodelle? Wenn man angetreten ist, die Menschen glücklich zu machen, warum wirbt man dann im Extremfall dafür, indem man sie in die Luft sprengt? Das wäre nicht der Islam, den Sie meinen? Wer sind Sie, für sich in Anspruch zu nehmen, im 21. Jahrhundert die Deutungshoheit über eine 1.300 Jahre alte Religion zu besitzen? Natürlich, eine Religion, der es nach so vielen Jahrhunderten nicht gelingen mag, für sich zu werben, attraktiv genug zu sein, dass man sich gerne und mit offenen Armen zu ihr bekennt, eine Religion, die so wenig Anziehungskraft auf Religionsfremde hat, die den Gedanken der individuellen Freiheit an Baukränen aufhängt, bis ihr der letzte Atemzug entwichen ist, so eine Religion aus freien Stücken zu lieben, fällt wirklich sehr schwer.

Gegenbeispiele? Ja, Buddhisten hätten durchaus mehr Schwierigkeiten, sich bei derartigen Taten auf Schriften von Siddhartha Gautama oder den Dalai Lama zu berufen. Die Attentäter von Brüssel, so sich herausstellen sollte, dass es sich wieder einmal um tiefgläubige Moslems handelt, erwartet sogar das Paradies mit ein paar dutzend Jungfrauen. Jenes Paradies, dessen „verzerrtes“ Spiegelbild der Westen bereits auf Erden verwirklicht hat – zumindest glauben dass Millionen Moslems, die gerade wieder einmal Einlass begehren. Moslems, die ihren Glauben bald sehr viel weniger ernst nehmen werden, wenn die Bäuche erst gefüllt und der Partner, den man begehrt, einen aus freien Stücken zurückliebt. Europa hat eine Chance, viele Menschen unter seinem Dach friedlich zu beherbergen. Menschen, die unsere Werte höher schätzen als den wertfremden Teil ihrer Religion. Die bereit sind zu Reformen. Die ihre Glaubensbrüder und -schwestern mit den schweren Sprengstoffgürteln verdammen, ihnen die Tür weisen und sie hochkant aus dem gelobten Land jagen. Erst recht dann, wenn diese aus der eigenen Familie kommen.

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