EZB-Anleihenkäufe: Das Verfassungsgericht winkt durch

Das Verfassungsgericht macht den Weg frei, aber definiert Hürden für die Zukunft. Und diese Hürden werden schnell zum Hindernis für die sich drehende Interventionsspirale der EZB werden.

Man konnte im Vornhinein nicht viel Hoffnung in das heutige Urteil des Bundesverfassungsgericht haben. Und so war es dann auch. Die Klagen gegen das unbegrenzte Anleihenkaufprogramm OMT der Europäischen Zentralbank waren erfolglos.

Ab in die Zukunft

Wie in den vergangenen Urteilen zur Politik der EU und deren Zentralbank ließ das Verfassungsgericht das Geschehene passieren und baute Hürden für die Zukunft auf. So haben es die Karlsruher Richter immer wieder getan: letztmalig 2014 beim Urteil zum Europäischen Stabilitätsmechanismus und zum Fiskalpakt. Auch diese Klagen waren erfolglos. Der Bundestag musste leicht nachjustieren, indem er völkerrechtlich verbindlich die Begrenzung des Haftungsvolumen gegenüber den anderen ESM-Mitgliedern erklärte. Der ESM selbst trat dennoch in Kraft.

Jetzt hat das Verfassungsgericht das OMT-Programm als zulässig nach dem Grundgesetz erklärt, aber der Bundesbank für die Zukunft Hürden für die Teilnahme auferlegt. Die Anleihenaufkäufe sind dann zulässig, wenn „Ankäufe nicht angekündigt werden“, „das Volumen der Ankäufe im Voraus begrenzt ist“, wenn eine Mindestfrist zwischen Emission und Aufkauf eingehalten wird, nur Schuldtitel erworben werden, deren Emittenten noch einen Zugang zum Anleihenmarkt haben, die Anleihen nur ausnahmsweise bis zur Endfälligkeit gehalten und die Ankäufe begrenzt oder eingestellt werden, wenn eine Fortsetzung der Intervention nicht erforderlich ist.

All das kann die EZB unter Mario Draghi leicht erfüllen. Er wird zufrieden mit dem Karlsruher Urteil sein. Doch eines ist jetzt schon klar. Die EZB befindet sich in einer Interventionsspirale, aus der sie nicht mehr so leicht herauskommt. Sie wird immer stärker in die Märkte eingreifen müssen, um die Zinsen für Anleihen von Staaten und Unternehmen zu drücken. Das ist der Sinn der ganzen Aktion. Die Südländer sollen ihre Staatshaushalte mit höherer Verschuldung einigermaßen finanzieren können. Und die Unternehmen in der Peripherie benötigen nach Auffassung der EZB geringere Finanzierungskosten. Beides wollte Draghi mit dem OMT-Programm erreichen und tut es jetzt mit dem nachfolgenden QE-Programm. Doch irgendwie wollen die Pferde nicht saufen. Die Konjunktur lahmt in Südeuropa und die Verschuldung der Staaten steigt weiter an.

Die Interventionsspirale dreht sich immer weiter

Was wird er also als Nächstes tun? Er wird weiter intervenieren. Vielleicht nicht nur bei Unternehmensanleihen, sondern bald auch im Markt für Bankkredite. Es wäre doch sinnvoll, im Sinne der Retter, würden die Banken von ihren faulen Kreditportfolien befreit, damit sie frische Kredite vergeben können. Oder vielleicht interveniert die EZB bald auch im Aktienmarkt. Sie halten das für unmöglich. Warum eigentlich? Für die Eigenfinanzierung von Unternehmen wäre es doch sicherlich sinnvoll, wenn die Unternehmen sich durch die Ausgabe neuer Aktien frisches Kapital besorgen könnten. Das könnte doch auch eine Aufgabe für Mario Draghi sein, dabei zu helfen. Dazu muss er künftig nur die wenigen Kriterien erfüllen, die das Verfassungsgericht ihm aufgetragen hat. Mario Draghi ist der Gewinner des Tages. Er wird heute Abend eine gute Flasche Wein aus seiner Heimat Italien aufmachen oder er hebt sich diese für morgen auf, wenn Italien ins Achtelfinale der Fußballeuropameisterschaft einzieht. Alles wird gut!

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