Grexit: Die Linke findet Nationalisten nicht schlecht – sofern sie Griechen sind

Auch für die 64 Bundestagsabgeordneten der Linken gilt Artikel 38 Grundgesetz: „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes“. Aber irgendwie fühlt sich Gregor Gysis bunte Truppe zu Höherem berufen: Sie sieht sich obendrein als Sachwalterin der Griechen, jedenfalls all jener Griechen, die Alexis Tsipras und seinen Finanzminister Yanis Varoufakis für Heilsgestalten halten. Wer gesehen hat, wie die Linken-Vorsitzende Katja Kipping dem griechischen Premier bei einem seiner Deutschlandbesuche verzückt um den Hals fiel, weiß, da agiert zusammen, was zusammen gehört.




Seit ihrer Wahl im Januar führen sich Tsipras und Varoufakis als Euro-Rambos auf: Wir beschimpfen Euch und als Gegenleistung zahlt ihr, vor allem ihr dummen Deutschen. Die deutschen Volksvertreter mit Linken-Parteibuch finden das alles richtig gut. Denn die Syriza-Regierung gilt gemeinhin als „linke Regierung“. Und was eine linke griechische Regierung tut, ist aus der Sicht der deutschen Linken gut getan.

Wie links ist die Linke wirklich?

Nur: So links, wie Die Linke die Athener Regierung von der deutschen Linken gesehen und gepriesen wird, ist sie gar nicht. In Athen regiert nämlich das linksradikale Parteienbündnis Syriza, eine Ansammlung von Sozialisten, Marxisten, Kommunisten und sonstigen Linksgruppen, in einer Koalitionsregierung zusammen mit ANEL, den „Unabhängigen Griechen“. Diese Partei ist rechtsradikal, nationalistisch, antisemitisch und deutschfeindlich obendrein. Genaugenommen haben wir es also mit einer rot-bräunlichen, einer links-/rechtsradikalen Koalition zu tun. Aber „Linksregierung“ klingt halt sympathischer, weil sich da angeblich aufrechte Sozialisten im Interesse der kleinen Leute gegen Spardiktate von Kapitalisten wehren.

Die deutschen Medien haben den Etikettenschwindel von der „Linksregierung“ anfangs unisono mitgemacht; selbst heute noch schreibt und spricht die Mehrzahl der Journalisten unverändert von der Linksregierung. Aber die Hinweise darauf, dass da zwei populistische Parteien gemeinsame Sache machen, häufen sich. Der Versuch eines Kompromisses zwischen Troika und Griechenland ist in der vergangenen Woche auch daran gescheitert, dass der Verteidigungsminister von der rechtspopulistischen ANEL sein Veto gegen eine Kürzung des Verteidigungsetats einlegte.

Irgendwie scheint sogar der Linken zu dämmern, dass sich das Märchen von der lupenrein links-demokratischen Syriza-Regierung nicht auf Dauer aufrechterhalten lässt. Im Internet veröffentlicht die Partei 17 „Fragen und Antworten zur aktuellen Lage in Griechenland“ (www.die-linke.de). Da lautet die allerletzte Frage: „Über den Wahlsieg von SYRIZA freue ich mich sehr, aber eine Regierung mit Rechtspopulisten geht doch gar nicht!?“

Die Rechte alternativlos?

Die Antwort ist 870 Worte lang und eine Manifestation linker Dialektik. Irgendwie musste Syriza demnach mit den Rechtspopulisten koalieren, weil es angeblich keinen anderen Partner gab und die Zeit drängte. Und dann kommt der entlarvende Satz: „Anel gilt es nicht schönzureden. Für DIE LINKE käme eine Kooperation mit einer solchen Partei nicht in Frage. Die Frage ist jedoch, mit welcher Grundhaltung wir unsere Kritik vortragen.“ Und weiter: „Sicherlich, der Koalitionspartner von SYRIZA ist hochproblematisch, aber auch der einzig mögliche.“

Das ist wirklich mal was ganz Neues: Bei Kritik kommt es nicht auf die Begründung an, sondern auf die Grundhaltung. Die Grundhaltung der Linken aber lautet: „Wer Syriza zur Macht verhilft, ist ein tolerabler Koalitionspartner. Basta.“ Man mag sich nicht ausmalen, welchen Betroffenheits-Zirkus einschließlich Lichterketten und Mahnwachen Die Linke veranstaltete, wenn in Deutschland die CDU mit einer rechtspopulistischen oder gar rechtsradikalen Partei koalierte. Da wären Demokratie und Rechtsstaat in höchster Gefahr. Aber in Griechenland war und ist die links-/rechtsradikale Koalition aus Sicht ihrer deutschen Hardcore-Fans die „einzig mögliche“: Hoch die Internationale Solidarität!




 

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