Facebook-Zensur: Merkel bekniet Marc Zuckerberg

Als Merkel kürzlich in New York war, traf sie Marc Zuckerberg und machte ihm einen unmoralischen Antrag. Facebook soll im deutschen Sprachraum Privatzensur üben. Warum das eine Verfassungskatastrophe ist und warum Facebook heute für die Meinungsbildung wichtig ist.

Sehr geehrter Herr Zuckerberg, üblicherweise ist es so, dass die mächtigste Frau der Welt junge Männer zum Gespräch an einen Ort ihrer Wahl antanzen lässt. Sie sind ein junger, politisch vielleicht noch nicht so erfahrener Mann, der nicht nur sehr erfolgreich ist, sondern seinen Erfolg mit einem völlig neuen Geschäftsmodell und einem völlig neuen interaktiven Medienprodukt gemacht hat. Habemus Facebook, das ist heute. Habemus Papam, das mögen mir die deutschen Katholiken verzeihen, war gestern.

Habemus Facebook, das ist heute

Ich habe vor einigen Tagen im Zusammenhang mit den Feiern zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit einen Fernsehfilm gesehen, der sehr interessant war. Es ging um zwei Mutige, die im Jahr 1989 in Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen, westdeutschen Freunden Bilder in der DDR drehten, von Ereignissen und Umständen, die in den offiziellen Staatsmedien der DDR nicht vorkamen. Diese Bilder drehten die zwei Dissidenten mit westlichen Videokameras, die für sie über die Grenze geschmuggelt worden waren. Die Videocassetten mit den brisanten Aufnahmen wurden in den Westen zurückgeschmuggelt, westlichen Fernsehsendern übergeben und von den Westmedien, die hohe Einschaltquoten in der untergegangenen DDR hatten, in die abendlichen Wohnstuben der DDR-Bürger gesendet.

So erfuhren 16 Millionen DDR-Bürger, die bis unmittelbar vor dem Mauerfall von ihren eigenen Staatsmedien mit den Vorzügen und der Überlegenheit des Sozialismus und der Unterlegenheit des westlichen Kapitalismus berieselt wurden, wie es an vielen hässlichen Orten in der DDR wirklich aussah; vor allem wieviel Opposition, mutige Opposition gegen eine unmenschliche Diktatur sich in den Köpfen der DDR-Bürger bereits entwickelt hatte. Sie erfuhren, dass sich an einzelnen Orten, die von der SED-Diktatur medial abgeriegelt waren, bereits aktive und tatkräftige Oppositionsbündnisse, die auch auf die Straßen gingen, gebildet hatten.

Konkret: Die Leipziger Montagsdemonstrationen des Herbstes 1989 wurden so, durch die heimlich aufgenommenen, in den Westen geschmuggelten und dann dort verbreiteten Videos überhaupt erst in der gesamten DDR und in Westdeutschland bekannt und, wie Sie wissen, sogar weltweit bekannt. Eine Conditio sine qua non für den Fall der Berliner Mauer waren die geschmuggelten Bilder zweier mutiger, sehr fleißiger und akkurat arbeitender Bürger der DDR.

Jetzt werden Sie, Herr Zuckerberg, sagen, das weiß ich doch und eine von diesen mutigen Bürgern war Angela Merkel

Da muss ich Sie enttäuschen. Angela Merkel war nicht einfach DDR-Bürgerin, sondern sie diente in der allseits bekannten, milden Form; keinesfalls übertrieben ehrgeizig aber doch.

Nach allem was bekannt ist, darf man die These wohl aufstellen, dass, wäre es nach den Angela Merkel gegangen, die DDR heute noch bestünde. Dass die DDR überhaupt 40 Jahre lang durchgehalten hat, war nicht nur dem „friedliebenden“ Militär-und Polizeiapparat der DDR geschuldet sowie einer Geheimpolizei exorbitanten Ausmaßes. Nein, es war auch den Staatsmedien der DDR geschuldet. Man kann die Macht der Medien an diesem Beispiel sehr gut erkennen. Man kann auch erkennen, wie ambivalent Medien sind und wie willkürlich oder zielgerichtet Medien ihre Macht ausüben können.

Das erste, damals noch analoge Facebook waren die Wandzeitungen der chinesischen Kulturrevolution
Die Volksverhexer

Die DDR überlebte dank der Medien – und sie fiel am Ende dank der Medien und der mutigen Bürger ihres Landes. Aber, auch das wurde in dem kleinen Fernsehfilm, den ich eingangs erwähnte, ganz deutlich hervorgehoben. Es brauchte auch mutige Journalisten im Westen. Der berühmte politisch korrekte Mainstream, dessen Existenz die Mainstreamer neuerdings verbissen und mit sehr durchsichtigen Mitteln für nicht existent erklären wollen, war im Westen auch 89 schon ein ziemlich gefräßiges Raubtier.

Trotz der Evidenz der Unterlegenheit des sozialistisch-diktatorischen DDR-Staatsgebildes auf allen Gebieten, ökonomisch sowieso, aber eben auch in Sachen Demokratie, Rechtsstaat, Sozialstaat, war es in den Westmedien, die einen ausgesprochenen Linksdrall haben, schick, die DDR schön zu reden und stattdessen Westdeutschland als ein System zu betrachten, dass die Menschen „kaputt macht“, weshalb man das System belobigte.   Diese wahnhafte Kaputtmache ist immer noch eine beherrschende Kraft im veröffentlichten Raum. Jene westdeutschen Medien, die ja auch ihre eigenen Korrespondenten in der DDR hatten, waren jahrzehntelang nicht bereit die eklatanten Mängel des Ostberliner Systems von Moskauer Gnaden adäquat zu zeigen. Und noch weniger waren sie bereit, die Überlegenheit des westlichen Systems, dem die meisten Medienmacher auf luxuriösestem Niveau kritisch gegenüber standen, in das Bewusstsein der Menschen zu rücken.

Auch der Westen hatte einen gewaltigen Linksdrall

Es bedurfte also auch damals schon mutiger Journalisten im Westen, die sich gegen den Mainstreamdruck ihrer eigenen Zunft widersetzten und diesem Druck auch standhielten. Selbst der damalige ständige DDR-Korrespondent des Spiegel sagte in demselben, oben erwähnten Film in einem Interview, dass er kein Verständnis für seine Kollegen von den öffentlich-rechtlichen und anderen großen Printmedien hatte, die die wahre Lage in der DDR jahrelang vollkommen ungenügend in Westdeutschland kommuniziert hatten.

Den beiden mutigen DDR-Bürgern gebührt Ehre. Sie haben, wenn nicht ihr Leben, so doch im Entdeckungsfall einige Jahrzehnte ihres Lebens in der relativen Freiheit der DDR riskiert. Die Ostberliner Diktatur war nicht zimperlich mit Regimekritikern. Solange diese Kritiker nicht prominent waren, verschwanden sie wegen freier Meinungsäußerung leicht mal zehn oder zwanzig Jahre im Gefängnis .

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