Sturzbäche und das Fernsehen

Statt des "Brennpunkts" mit im Internet geklauten Bildern im Nachhinein braucht es rechtzeitige und begleitende Wetterwarnungen im Fernsehen, die dem Anspruch der Grundversorgung entsprechen.

Sreenshot ARD / Brennpunkt

Man hat schon etwas Mitleid mit ihm. Ziemlich müde muss der Moderator ein Drama vom Vortag verkaufen: „Wassermassen, Schlamm, Schutt“, beschreibt er einfallsreich die Bilder, „zurück bleiben Orte, die nach dem Durchzug des Unwetters einer Trümmerlandschaft gleichen“. Wieder ein Brennpunkt nach einer doch einigermaßen heftigen Naturkatastrophe, dem die lästige Pflichtübung aus allen Pixeln stank.

Viele Bilder sind aus dem Internet geklaut. Kein Wunder, haben die Öffentlich-Rechtlichen friedlich gepennt, als die Orte überschwemmt wurden und nur Handyfilmer wach waren und eindrucksvolle Szenen aufnahmen. Bei denen man im übrigen wieder imponierend sieht, welche gewaltigen Kräfte Naturgewalten ausüben und naturharmonisierende Müslis verblüffen können.

Hochwatergate

Ja, und Jörg Kachelmann schimpft sehr deutlich: Hätte glimpflicher ausgehen können, wenn, ja wenn irgendjemand vorher gewarnt hätte. Und spricht sogar von einem „Hochwatergate“.

Der Blick auf die Karten zeigte schon sehr frühzeitig wassermassenspeiende Rocky Mountains in der Luft über Deutschland, bei denen man sich fragt, wo das alles herkommt, mit einem Energiegehalt in der Atmosphäre, den seriös niemand berechnen kann, der aber mit Sicherheit höher ist als alle Atombomben, die die Menschheit produziert hat.

Keiner konnte vorher berechnen, wo sich die Höllenfluten vom Himmel stürzen. Aber witzigerweise berechnen die „Klimaforscher“ genau, dass der Mensch das Klima in Zukunft heißer, trockener, kälter oder was auch immer macht – jedenfalls gefährdet. Klar, der Weltuntergang steht bevor, wenn nicht noch zusätzliche Ablassmilliarden fließen.

Es waren auf den Karten erstaunlicherweise kaum Luftdruckunterschiede zu sehen. Tief Elvira trat gewissermaßen auf der Stelle und dachte nicht daran, das zu machen, was die Computerberechnungen ( übrigens auch die sonst sehr guten von Kachelmann ) vorgaben: Zugrichtung Nordwesten.

Nein, da gab es praktisch keine Zugrichtung, dieser gewaltige Komplex aus gigantischen Wassermassen blieb stehen und schüttete sein nasses Herz aus, daß der Süden nur so troff. Da brachen sogar Dämme von Hochwasserrückhaltebecken. Lediglich das Fußball-Länderspiel in Augsburg am Tag vorher vermittelte einen Eindruck davon, was wirklich los war. Das war wiederum in der Lage, den Beginn der Tagesschau zu verschieben.

Aber, so Kachelmann: „Das Drama hatte schon am Nachmittag begonnen und sich dann laufend in den Abend und in die Nacht gesteigert. Auf Facebook und Twitter waren Menschen in Not zu sehen, in meterhohen Flutwellen um ihr Leben kämpfend. Was haben die zuständigen öffentlich-rechtlichen Medien unternommen, um ihre Existenz zu rechtfertigen, von Bürgern bezahlt zu werden und diese zu beschützen? Nichts. Nichts. Nichts.“

Rechtzeitige Warnhinweise in den Kanälen, die nun mal die Hoheit über die Grundversorgung in Anspruch nehmen, wie heftig es am Sonntagabend werden würde – Fehlanzeige.

Bürgerfernes Fernsehen

Verpennter Haufen – meint Kachelmann. „Zimmermädchen Lynn“ im Ersten statt Bilder von dem, was vor Haustür geschieht.

„Jetzt werden sie behaupten, man hätte das wahre Ausmaß der Katastrophe erst um 1.10 Uhr morgens gewusst, als die ersten Medien zu berichten geruht haben. Sie werden sagen, dass es nichts bringen würde, das Programm umzustellen, wenn furchtbare Dinge passieren, weil sowieso nur noch über 70jährige ARD und SWR sehen, die nicht unterwegs sind, wenn es regnet. Sie werden sagen, dass sie zu wenig Geld haben und deswegen am Sonntag unterbesetzt sind. Sie werden sagen, dass IT-Wichtigtuer in den Sendern Facebook blockiert haben, damit der Sendebeamte nicht durch real existierende Welten abgelenkt wird.“

Tatsächlich: Merkt da überhaupt noch jemand, was gesendet wird? Im Kinderkanal läuft aus Versehen irgendein Gruselschocker statt irgendwelcher pinkfarbiger Blöd-Kiddy-Nummern läuft – keiner merkt’s, sieht’s, hört’s. Egal, die „Demokratieabgabe“ schüttet sich in rauen Mengen über den Anstalten aus – wie die Wassermassen vom Himmel.

Groß, ganz groß allerdings sind sie im alarmistischen Bereich. Ein Wort nur, sofort sind alle hellwach: Klimawandel! Hei, wie sie da rennen, springen, laufen, alarmieren, daß es eine Pracht ist. Da geht es auch um die Rettung der Menschheit.

Was scheren da ein paar Tote in irgendwelchen Regionen aufgrund zufälliger Wetterereignisse. Kachelmann weiter: „Und dass es furchtbarerweise Tote gegeben haben würde, war angesichts der Bilder jedem klar, der nur etwas bei Trost ist.“

Die Vorwarnzeit in einer solchen Situation sei anders als bei einem Orkan oder Schneesturm mit 1-2 Stunden eher kurz, sagt er. „Umso wichtiger ist, dass alles dafür getan wird, die Warnung den Menschen zugänglich zu machen und über das Hochwasser zu informieren, wenn es noch klein ist. An vielen Orten sind Internet und vor allem Handynetze ausgefallen, so dass Radio und Fernsehen die einzigen Quellen waren, um gewarnt zu werden, dass furchtbare Dinge passieren. Festnetz hat fast überall funktioniert und in einer Welt, in der öffentlich-rechtliche Würdenträger etwas mehr Anstand und Eigeninitiative hätten als ein abgetauter Kühlschrank, hätte man SWR und BR 1 und 3 einfach als permanente Quelle für eine Call-In-Sendung benutzt, um den Leuten klar zu machen, was passiert.“

In den USA warnt das TV

Kachelmann verweist wiederum zu Recht darauf, dass in den USA bei extremen Wetterereignissen nur wenige Menschen sterben, weil vor allem in den TV-Sendern kräftig gewarnt werde und die Gefahren auch von scheinbar harmlosen Wasserfluten verdeutlicht werden. Hier dagegen konnten wir auf Handyvideos Menschen sehen, die vielleicht mit zu viel Vertrauen in die Werbung, aber ohne Bewusstsein für die realen Gefahren mit ihren Autos in völlig überschwemmte Straße hineinfuhren und natürlich zu Amphibienfahrzeugen wurden.

Am nächsten Tag, kam was kommen musste, der „Brennpunkt“. Ein penetrant geschwätziger K. Schwanke, der dem Justizminister wohl als bestgekleideter Kerl Konkurrenz machen will, konnte genau erklären, was da im Himmel geschehen ist und wie die Folgen auf Erden zustande kamen. Leider nicht vorher, sondern zu spät.

„In diesen dunklen Flecken fielen mehr als 100 Liter pro Quadratmeter“. Das muss man sich mal vorstellen: Mittlerweile weiß das jeder, kennt die Bilder aus dem Internet, und dann stellt sich dieser Wetterfrosch tatsächlich daher und erklärt alles noch mal, wie das war am Sonntag in „den entscheidenden Stunden zwischen 18 und 21 Uhr“ – nur gefühlte Tage später. Eine gute Leistung wäre gewesen, das vorher und rechtzeitig zu zeigen.

„Die Toten aus Schlamm und Wasser sind Tote, die hätten vermieden können. Auch durch Sie, Volker Herres, Peter Boudgoust, Ulrich Wilhelm, wenn Sie die Gnade gehabt hätten, Ihre Aufgabe wahrzunehmen.“ Heftige Worte von Jörg Kachelmann. Die führten immerhin zu einer Frage des müden Brennpunkt-Moderators an den Wetterdressman, der Teil A eines Körpersprachseminars erfolgreich absolviert hat: „Wäre es möglich gewesen zu warnen? Kachelmann sagt, man hätte früher warnen müssen und gibt der ARD Mitschuld an den Folgen. Ein ziemlich schwerer Vorwurf. Wäre es möglich gewesen, früher zu warnen?“

„Also das Besondere, das wirklich Komplizierte“, redet der drauflos, „an diesen sommerlichen Extremereignissen ist, dass sie sehr lokal sehr heftig ausfallen. Wir haben gewarnt, auch der Deutsche Wetterdienst hat Unwetterwarnungen herausgegeben. Die wurden auch gestern genannt in der Tagesschau. Also, es gab diese Warnungen, aber wo genau wie heftig es ist, das kann man nur in dem Moment machen, wenn man die Radarbilder live verfolgt.“

Dummerweise war übrigens eine Wetterradarstation ausgefallen. Aber die Zukunft soll besser werden: „Und da gibt es natürlich auch eine Aufgabenstellung für uns alle, für alle Beteiligten, zu überlegen, wie man in Zukunft noch besser regional die betroffene Bevölkerung warnen kann.“

Merkel hätte nicht schöner blubbern können. Tja, da kann man eben nix machen. Wo sonst Menschen an allen Klima- und Wetterunbilden schuld sind – hier halt Pech gehabt.

Aufgabe für den müden Anzug, schnell weg vom Thema kommen: „Wie gehts die nächsten Tage weiter?“

„Es bleibt in der Tat riskant“, kann jetzt Dressman von neuen Gefahren am Himmel künden und suggerieren, dass sie wachsam sind, die tapferen Wetterleute. „Wir müssen mit starken Regengüssen rechnen!“

Danke, so genau und präzise wollten wir es aber nicht wissen. So schließt denn auch der Moderator tröstend: „Wir müssen wachsam bleiben!“

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