Obergrenzen für Flüchtlinge?

Bei der Kritik durch den Zentralrat der Juden verlässt den SPD- Scharfrichter Ralf Stegner der Mut - doch nicht alles CSU, was danach klingt?

Er ist der Lautsprecher der SPD. Keiner ist medial so präsent wie der SPD-Linksaußen Ralf Stegner. Dass der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel auf die Ansichten des Schleswig-Holsteiners keinen großen Wert legt, stört ihn nicht. Stegner ist die SPD – meint er jedenfalls.

Wer ist Mister SPD?

Weil er in der Abteilung Attacke der Noch-Generalsekretärin Yasmin Fahimi haushoch überlegen ist, lässt die SPD ihn gewähren. Für ein paar Rempler gegen den Koalitionspartner CDU ist er immer gut; gegenüber der CSU bevorzugt der HSV-Fan Stegner eher die Blutgrätsche. Vor allem die Forderung des CSU-Chefs Horst Seehofer nach Obergrenzen für Flüchtlinge lässt den begeisterten Twitterer und Facebook-Poster Stegner zur Hochform auflaufen. Hier ein paar aktuelle Kostproben:

  • „National verkündete Obergrenzen wird es künftig genau so wenig geben wie Ausländermaut, Transitzonen oder Betreuungsgeld! Alles CSU-Quatsch!“ (22. November)
  • „CSU-Obergrenzen im nationalen Alleingang schleifen individuelles Verfassungsrecht auf Asyl und kommen mit SPD nicht in Betracht. Capito?“ (22. November)
  • „Was ist daran so schwer zu kapieren, dass einseitige nationale Obergrenze für Flüchtlinge eine Beseitigung des individuellen Asylrechts wäre?“  (21.November)
  • „Europäisch vereinbarte Kontingente für Kriegsflüchtlinge sind möglich, einseitig erklärte nationale Obergrenzen sind CSU Mumpitz!“ (20. November)
  • „Obergrenze“ – das neue Zauberwort meint, dass mit einem Fingerschnippen a la „Bezaubernde Jeanie“ DIE Flüchtlinge weg sind.“ (23. Oktober)

CSU-Mumpitz, CSU-Quatsch, CSU-Zauberwort – das geht einem überzeugten SPD-Linken aus dem Norden so leicht von den Lippen wie „Moin“. Doch jetzt hat jemand die Forderung nach Obergrenzen für Flüchtlinge erhoben, den man nicht einfach in die aus Stegners Sicht rechtsnationale Ecke stellen kann: Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Ein neuer Befürworter von Obergrenzen

„Die Welt“ zitiert Schuster so: „Ich glaube, es sollte kontrollierte Zugänge nach Deutschland geben“, sagt er und: „Über kurz oder lang werden wir um Obergrenzen nicht herumkommen“, um schließlich doch energischer zu werden: „Wenn es so weitergeht wie bisher wird die Vermittlung unserer Werte zunehmend schwieriger. Die erfolgreiche Integration ist aber auch für die jüdischen Gemeinden in Deutschland wichtig.“

Schuster:  „Viele der Flüchtlinge fliehen vor dem Terror des ‚Islamischen Staates‘ und wollen in Frieden und Freiheit leben, gleichzeitig aber entstammen sie Kulturen, in denen der Hass auf Juden und die Intoleranz ein fester Bestandteil ist“, sagte er. „Denken Sie nicht nur an die Juden, denken Sie an die Gleichberechtigung von Frau und Mann oder den Umgang mit Homosexuellen.“  Kaum jemand hat bislang auf die Ursache der Schwierigkeit der Integration so deutlich hingewiesen: „Wenn ich mir die Orte und Länder in Europa anschaue, in denen es die größten Probleme gibt, könnte man zu dem Schluss kommen, hier handele es sich nicht um ein religiöses Problem, sondern um ein ethnisches.“

Der Sprecher der Juden in Deutschland auf CSU-Kurs? Das hat dem SPD-Lautsprecher Stegner die Sprache verschlagen. Ginge es ihm um mehr als um parteipolitische Polemik hätte er jetzt auf allen Kanälen rufen müssen: „Jüdischer Mumpitz“, „jüdischer Quatsch“. Das tut er freilich nicht. Mangelt es ihm an Mut? Oder ist dieselbe Forderung diskussionswürdig, wenn sie vom Zentralrat der Juden erhoben wird, aber rechtsradikal, wenn sie von der CSU kommt?

Das wird man wohl doch mal fragen dürfen, oder? Nur Mut, Genosse Stegner, wir warten auf Ihre Antwort.

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