Kontrollverlust: Flüchtlinge erzwingen Grenzübertritt

Wie weit die Kontrolle entglitten ist zeigt sich an der deutsch-österreichischem Grenze zwischen Salzburg und Freilassing: Über 1.000 Flüchtlinge erzwingen den Zugang nach Deutschland.

Nach Deutschland über einen Kraftwerkssteg: Hinter dem weißen Zelt in der Flußmitte beginnt Deutschland und die Übernahme durch Busse und Sonderzüge.

Der Weg nach Deutschland führt über einen schmalen Steg auf einer Kraftwerksmauer: Stündlich rund 40 Flüchtlinge durften bislang von Österreich nach Deutschland einreisen. Es ist ein vergleichsweise geordnetes Verfahren, abgeschirmt von der eigentlichen Brücke über die Saalach. Auf beiden Seiten stehen winterfeste Zelte, um die Wartezeiten von mehreren Stunden erträglich zu gestalten.

Hilflose Bundespolizei

Bereits am Samstag aber kam es zu ersten Versuchen, die Wartezeit bis zur Einreise nach Deutschland zu verkürzen: Eine Gruppe von gut einem Dutzend irakischen und afghanischen Männern versuchte, direkt über die Grenze zu gelangen. Ihr Anführer sagte, er habe es satt, noch zu warten. Immerhin sei er schon seit zwei Wochen unterwegs. Beim zweiten Anlauf am Samstag hat es dann geklappt: Rund 1.000 Flüchtlinge in Salzburg machten sich auf den Weg – das österreichische Bundesheer und die deutsche Bundespolizei kapitulierten: Seit Samstag Nachmittag wurde die Einreise pro Stunde auf 100 Personen erhöht, um gewalttätige Konfrontationen zu verhindern. Ein weiterer Grund dürfte sein: Die Behörden erwarten eine riesige Anzahl von Flüchtlingen aus Slowenien. Dafür soll jetzt Platz in den Grenzlagern geschaffen werden.

Der erste Versuch am Samstag: Der irakische Anführer, der offenkundig militärisch geschult ist, klärt die Lage ab. Es ist nicht gerade ein Flüchtling, wie ihn deutsche Medien sonst zeigen: Er hat seinen eigenen Gepäckträger dabei, spricht fließend und gewandt englisch; sein Auftreten und Vorgehen erinnert an einen Offizier. Die Gruppe, die er anführt, reagiert diszipliniert auf seine Anweisungen und informiert per Telefon offensichtlich weitere Gruppen über die Lage an der Grenze. Die Reise hat die Gruppe weitgehend in Zügen und seit der slowenischen Grenze per Taxi hinter sich gebracht; so von der slowenischen Grenze bis Wien, von dort mit einem Sonderzug nach Salzburg, dann wieder Taxi zur Grenze. Eine Taxi-Fahrt von der slowenischen Grenze bis Wien kostet 500 €. Diese Reisemöglichkeit wird wahrgenommen, weil die insgesamt 15 Busse, die kostenlos zur Verfügung stehen, zu überfüllt sind und Wartezeiten mit sich bringen. So zeigt sich eine neue Klassengesellschaft unter Flüchtlingen: Viele Flüchtlinge verfügen, so sagt ihr Anführer, über hinreichende Geldmittel, um sich so schnell und zielsicher nach Deutschland zu bewegen. Zurück in den Lagern bleiben vor allem Familien und Kinder, während die Gruppe der Männer schnell vorwärts kommt.

Überforderter Bundespolizist: Eine Gruppe irakischer Migranten versucht, die Wartezeit zu verkürzen und holt nach Zurückweisung Verstärkung.

Überforderter Bundespolizist: Eine Gruppe irakischer Migranten versucht, die Wartezeit zu verkürzen und holt nach Zurückweisung Verstärkung.

Organisiert geht die Flucht zügig vor sich

Intellektuell ist der irakische Gruppenführer den Soldaten des österreichischen Bundesheers, die die Grenze sichern sollen, überlegen. Es kommt zu Verhandlungen, die aufs Erste dazu führen: Mit einem Bus wird nach wenigen Minuten Wartezeit die irakisch-afghanische Gruppe zum Hauptbahnhof Salzburg zurück gebracht, wo die unzumutbar empfunden Wartezeit drei Tage beträgt. Dort soll die Gruppe solange warten, bis die Registrierung erfolgt ist.

Doch die irakische Gruppe hat sich dort auf ihre Weise geholfen: Insgesamt über 1.000 Menschen machen sich am Sonntag Nachmittag auf den Weg. Das Vorhaben ist geplant: Die schwache Bewachung der Grenze ist erkennbar nicht in der Lage, damit umzugehen. Am Grenzübergang: Eine Handvoll überforderter Bundespolizisten auf der deutschen Seite, ein paar österreichische Soldaten auf der anderen, deren einzige Aufgabe es ist, die Flüchtlinge möglichst schnell Richtung Deutschland weiter zu schicken. Dort stehen zwei Busse bereit, die die Flüchtlinge in ein ehemaliges Möbellager bringen. Von dort werden sie anschließend mit Sonderzügen nach Mannheim und Berlin geschickt. Die Bundespolizei tritt auf wie eine Art Logistik-Dienstleister – und kriegt Ärger, wenn es nicht schnell genug geht. Auch auf dem Freilassinger Bahnhof kam es zu Protest: Die Wartezeit für die Sonderzüge zu je 700 Personen erscheint vielen Flüchtlingen unzumutbar. Die Reise geht wohlorganisiert flott weiter für jene, die  über  Mittel und Organisationskraft verfügen und Druck ausüben können.

Die Bundespolizei hat faktisch auch ihre abgeschwächte Kontrollfunktion aufgegeben: Auf Druck der Flüchtlinge erhöht sie einfach die Transportkapazitäten, um die Betroffenen in die diversen Aufnahmelager zu schleusen. Formal wäre sie in der Lage, die Flüchtlinge aus dem „sicheren“ Österreich zurück zu weisen. Doch dazu sind die deutschen Behörden offensichtlich nicht mehr in der Lage und wohl auch angewiesen, die Zahl der einreisenden Migranten schnell zu erhöhen. Damit zeigt sich: Die Versuche der Bundesregierung, den Zuzug wenigstens zu verlangsamen, sind wirkungslos. Das Geschehen an der Grenze wird von organisierten Gruppen und dem Kontrollverlust der Bundespolizei bestimmt.

Die Transportlogistik auf der deutschen Seite: Bundespolizei transportiert schnellstmöglich weiter.

Die Transportlogistik auf der deutschen Seite: Bundespolizei transportiert schnellstmöglich weiter.

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