Justiz-Affärchen: Warum Range gehen muss

Er hat es getan. Der Bundesminister der Justiz hat Generalbundesanwalt Harald Range vor die Tür gesetzt. Das kann er tun. Denn er ist der disziplinarische Vorgesetzte Ranges. Doch ist die Affäre damit nun beendet? Vielleicht ist es so. Doch sie sollte es nicht sein. Denn nach wie vor sind zu viele Fragen offen. Als Harald Range am Mittag des 4. August vor die Presse trat, um eine geharnischte Attacke gegen seinen Dienstherrn, den Bundesminister der Justiz, zu reiten, wird er geahnt haben, dass sein berufliches Ende im Hause Maas beschlossene Sache gewesen ist. Denn nur so ist die Deutlichkeit des Generalbundesanwalts zu erklären, mit welcher dieser seinen disziplinarischen Vorgesetzten anging. So machte er es zu allerletzt dem Bundesminister doch noch leicht, ein Argument für die Entlassung zu finden: Ein zerstörtes Vertrauensverhältnis.

Entlassung als Racheakt

Dennoch bleiben nun Fragen. Denn wenn es am Ende nur das wegen der Kritik Ranges zerstörte Vertrauensverhältnis gewesen sein soll, dann kann man die Entlassung mit Fug und Recht als eine Art Racheakt betrachten. Obgleich sie vermutlich nur ein Akt der Verzweiflung gewesen ist. Denn Heiko Maas selbst hatte sich in den vorangegangenen Tagen und Stunden derart tief in das Geflecht der hochgespielten Affäre um die Ermittlungen gegen zwei Blogger verstrickt, dass eigentlich er seinen Hut zuerst hätte nehmen müssen.

Stück für Stück erfuhr die Öffentlichkeit, dass Maas von Ranges Ermittlungen bereits seit Mai gewusst hat. Und dass ihn zu diesen Ermittlungen offenbar Bedenken bewegten, die jedoch nicht die Schwere hatten, den Generalbundesanwalt von seinem Tun abzuhalten. Als nun in das Sommerloch die Mitteilung fiel, dass gegen die Blogger wegen Landesverrat ermittelt werde, distanzierte sich der Bundesminister nach einen medialen Shitstorm laut und öffentlich – und verzichtete weiterhin darauf, den vorgeblich Irrenden zu entlassen, was dann zwingend gewesen wäre, wenn der Minister über Erkenntnisse verfügte, wonach der Generalbundesanwalt gezielt und mit Vorsatz beispielsweise eine Anklage ohne juristische Grundlage konstruiert hätte. Ein solches Vorgehen, was in die Nähe einer Rechtsbeugung hätte gerückt werden können, hätte die Entlassung des Generalbundesanwalts jederzeit gerechtfertigt.

Keiner will es gewesen sein, schon gar nicht der Minister
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Doch das war der Ermittlungssachverhalt offensichtlich nicht. Denn Range blieb im Amt. Und Range konnte ungehindert den Bloggern die Mitteilung zustellen, dass gegen sie ermittelt werde. Erst als nun eine exaltierte, mediale Empörung ausbrach, distanzierte sich der Bundesminister schnell und vernehmlich von seinem politischen Beamten – und beließ ihn doch immer noch im Amt. Immer noch also war die öffentlich vorgetragene Empörung des smarten Saarländers nichts anderes als ein Zurückweichen vor der veröffentlichten Meinung – nicht aber die Überzeugung von der Notwendigkeit, dass Range auf seinem Posten eine Fehlbesetzung sei.

Den Grund für die Entlassung – gibt es nicht

Erst als der Generalbundesanwalt nun seinem Vorgesetzten öffentlich eine unzulässige Einmischung in seine Unabhängigkeit als Ermittler vorwarf und diesen Vorwurf mit der Aussage verknüpfte, er sei von Maas angewiesen worden, den Auftrag eines Fachgutachtens zur Sache umgehend zurückzuziehen, reagierte Maas und entließ Range. Um gleichzeitig – denn dem Minister war zwischenzeitlich die Brisanz seiner Einmischung in die Ermittlungen des Generalbundesanwaltes in vollem Umfange bewusst geworden – der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass es diese besagte Anweisung an Range nicht gegeben habe.

Hat nun also Range die Unwahrheit gesagt, um kurz vor seinem Rausschmiss den ungeliebten Maas noch kräftig zu beschädigen? Oder sagt Maas die Unwahrheit, wenn er die Existenz einer Anweisung unmissverständlich in Abrede stellt? Denn beides gleichzeitig kann nicht wahr sein. So wurde nun aus der vorgeblichen Affäre eines vermutlich überbewerteten Landesverrats eine Affäre und Generalbundesanwalt und Bundesminister der Justiz.

Und es bleibt nicht nur in der Frage dieser vorgeblichen Dienstanweisung dringender Aufklärungsbedarf, der am Ende auch den Bundesminister um sein Amt bringen kann. Das Menetekel steht bereits an der Wand – und es ist unmittelbar von Maaßens eigener Chefin geschrieben. Denn die Bundeskanzlerin hatte noch kurz zuvor erklären lassen, vorbehaltlos zu ihrem Minister der Justiz zu stehen.

Über die Folgen derartiger Vertrauenserklärungen können ehemalige Minister wie Guttenberg, Friedrich oder Schavan ein Lied singen, das immer voll kraftvoller Dramatik und immer mit einem nicht minder dramatischen Ende versehen ist. Wer einen Generalbundesanwalt entlässt, muß schon mehr auf der Pfanne haben als ein paar Zeitungsschlagzeilen.

Hier geht es um den Kern unseres Rechtssystems. Und da gelten andere Gesetze als in der SPD-Saarland, wo Maas die große Nummer ist.

Warum er sich auf glattem Eis bewegt, konnten Sie hier lesen.

Die Versuche von Maas, von sich abzulenken, finden Sie hier.

 

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